23.1.05

Willkommen im Hotel TERMINUS

Gepflegte Gastlichkeit in Citynähe.

Einzelzimmer normal 55,- EURO
Doppelzimmer normal 85,- EURO
Einzelzimmer Messezeit 95,-EURO
Doppelzimmer Messezeit 135,-EURO

Sämtliche Zimmer verfügen über internationale Standardausstattung mit Dusche und WC oder Bad und WC, Radiowecker, Direktwahltelefon, Farbfernseher und Minibar

Das ungewöhnlichste Krimi-Projekt des Jahres

Das HOTEL TERMINUS liegt in der Bahnhofsgegend einer westdeutschen Grossstadt, im Schnittbereich von ROTLICHT-Viertel und Altstadtkern - ein schon etwas länger nicht mehr renovierter Gründerzeitbau, der noch eine Ahnung der ehemaligen Eleganz verspüren lässt. Doch die Teppiche sind abgetreten, die Installation tropft und der Lift ächzt.

Gäste kommen, wohnen ein paar Tage im HOTEL TERMINUS und ihre Geschichten werden von den einzelnen Autoren dieses Romans erzählt.

Und natürlich sind da noch die HENK, der alte Portier des TERMINUS, DIANA, die Hausdame mit der Schwäche für Rotwein und JUAN, der Barkeeper, der in einigen Monaten seinen Job auf der "Queen Elizabeth II" antreten wird. Ihre Geschichte erfahren wir im Vorübergehen, zwischen den Geschichten der Gäste.

Der Anfang

Mach dir nichts vor, das hier ist das Ende. Aus, finito, rien ne vas plus, no way out. TERMINUS. Wie passend! Die Leuchtschrift auf dem Vordach flackerte in den Abend. Aus dem Gulli stank es nach Kloake. Es war halb neun, also war er eine halbe Stunde zu spät. TERMIN - und ein flackerndes US. Letzte Woche hatte er deswegen einen Elektriker angerufen. Der hatte auch versprochen, jemanden zu schicken, aber natürlich war bis heute niemand aufgetaucht. Henk nahm sich vor, gleich morgen um acht, wenn der Tagesportier ihn ablöste, noch einmal anzurufen.
Das Pflaster war abgetreten. Die Gehsteigplatten zeichneten ein buntes Muster aus alt und neu, gesprungene dazwischen, besonders rund um die Klappe des Bieraufzugs an der Eckkneipe. Vor dem Krieg saß da die Parteileitung. An Henks fünftem Geburtstag hatte sein Vater das ganze Hotel beflaggt, und in der Bar spielte eine Kapelle, extra für ihn. Das hatte er jedenfalls geglaubt, bis ihm jemand erzählte, dass an diesem Tag die Panzer über die holländische Grenze gerollt waren. Damals liefen im Hotel hohe Tiere in braunen Hosen und Hemden herum, tranken Champagner aus Flaschen und brachten ihm bei, "die Fahne hoch" zu singen.
Manchmal wehten die roten Stoffbahnen mit dem Kreuz auch heute noch durch seine Tagträume und er hörte im Gepolter der Bierfässer den Badenweiler Marsch erklingen.

Ein ferner Donner grollte, es lag Regen in der Luft. Taxis rauschten vorbei. Ein Trupp Fußballfans grölte den Endsieg herbei. Der Bahnhof lag ganz in der Nähe. Es war mal wieder Messezeit. Eigentlich war immer Messezeit, und das war gut so, denn so gab es immer Gäste, die auf den letzten Drücker ein Zimmer brauchten.
Henk sah an der renovierten Gründerzeitfassade hoch. Die Graffiti und Hakenkreuze hatten sie mit einem Sandstrahler entfernen müssen. Das TERMINUS war genau das Richtige für Leute, die auf den letzten Drücker was brauchten. 37 Zimmer. Mittelklassestandard, seit der Renovierung vor zehn Jahren. Die Kosten hatten der Erbengemeinschaft, der das Hotel bis dahin gehörte, das Rückgrat gebrochen. In letzter Sekunde waren dann die Anzugtypen mit ihren Aktenkoffern aufgetaucht. Sie hatten ihre Visitenkarten mit dem Namen eines Immobilienfonds verteilt, hatten der Erbengemeinschaft ihren Vertrag hingelegt - und die Designerfüller zum Unterschreiben gleich dazu. Die Füller durften die Herrschaften hinterher behalten - der erste und letzte Akt von Großzügigkeit der Anzugträger.
Ein Windstoß trieb Reklamezettel für ein Popkonzert in der Stadthalle über den Gehsteig, erste Regentropfen sprenkelten das Pflaster. Henk warf im Vorbeigehen einen Blick ins Schaufenster des Tattoo-Studios, das vorletzte Woche zwei Häuser weiter in den Räumen des Fingernagelstudios aufgemacht hatte. Vor dem Fingernagelstudio waren dort eine Sonnenbank, ein Telefonladen, eine Spielhalle, eine Videothek gewesen. Aber die beste Erinnerung hatte Henk immer noch an den Laden des alten Ritzenhoff. Bei dem gab es Brausewürfel und Hustekuchen und später, als die Amerikaner auftauchten, auch Kaugummi, Cola und Lucky Strikes.
Henk zog die Luft ein. Immer noch Entzugserscheinungen, die Sucht nach einer Zigarette. Trotz der Röntgenbilder, die ihm der Arzt gezeigt hatte. Der alte Ritzenhoff hatte ständig geraucht, qualmte schon morgens um sechs Stumpen und am Ende war er 92 gewesen, als sie ihn aus seinem Laden trugen. Out and over, passé, tillt.
Der Tattoo-Laden strahlte hell erleuchtet, zwei Teenager begutachteten die chinesischen Drachen und Schlangen auf den Musterbögen. In dem alten Zahnarztstuhl präsentierte ein untersetzter Mittvierziger dem Meister der Elektronadel seinen nackten Bauch. Der Tätowierer war ein kleiner Kerl, der Henk ein bisschen an Klaus Kinski erinnerte. Seit ein paar Tagen nickte er Henk sogar zu, wenn er am Schaufenster vorbeikam. Der Regen wurde stärker.
Henk nahm die beiden Stufen zum Hoteleingang langsam, um seine Arthritis nicht unnötig zu provozieren und drückte die Glastür mit der Goldschrift auf. Sicher gab es elegantere Entrees als dieses hier, sicher gab es Hotelhallen, in denen sich das Parfum schöner Frauen mit dem Duft teurer Havannas mischte. In denen dezente Gespräche in allen Sprachen der Welt den Hintergrund für das geschäftige Hantieren des Personals an der Rezeption bildeten. Sicher gab es das.
Aber nicht hier. Auf dem Teppichboden in einem gewagten schilfgrün zeigten die Trampelpfade der Gäste, was das TERMINUS für sie war - eine Durchgangsstation: Direkt zur Rezeption, dann hinüber zum Lift. Oder quer durch den Raum zur Bar, aus der leise die Vonda Shepard-CD dudelte, mit der Juan sie alle seit Tagen nervte.