2.2.05

Gästeliste: Regula Venske

Name: VENSKE 
Vorname: Regula
Heimatadresse: HAMBURG
Ankunft im TERMINUS: in Kapitel 1

Siebenschläfer
Über Carlos den Nachtportier und seine letzte Nacht im TERMINUS, eine Geburt und die Suche nach dem verschwundenen Gemächt.

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Sobald er zur Tür hinausgetreten war und die beiden Eingangsstufen hinuntergehumpelt, war aus Carlos, wie er sich seit einiger Zeit nannte, wieder Krüppel-Carlo geworden. Er klappte den Kragen seines alten Staubmantels hoch, zog den Gürtel fester um die Taille und seufzte. Würde dieser Regen je ein Ende nehmen? Wenn es doch wenigstens ein anständiger, erfrischender Sommerregen gewesen wäre! Einer, der zur Jahreszeit passte. So ein eleganter Platzregen, der die Leute laut aufjuchzen und in den Straßen tanzen ließ. Ein veritabler Wolkenbruch, der den einen oder anderen Mitmenschen dazu verführte, in der Hotelhalle seine Zuflucht zu suchen und ein Gläschen mit ihm zu trinken oder zwei. Ein gediegener Guss, bei dem man wusste, woran man war. Der die Blusen der Frauen durchtränkte, sodass sie an der bloßen Haut festklebten und sich die darunter befindlichen Rundungen anmutig abzeichneten. Ach, ihre malvenfarbenen Knospen. Bei der bloßen Vorstellung musste Krüppel-Carlo noch einmal seufzen. Dieser Nieselregen brachte nichts. Führte zu nichts, taugte nichts. Lediglich eine trübe Stimmung ließ er aufkommen, als wäre heute der leibhaftige Buß- und Bettag, wie man ihn in Jugendjahren zur Genüge kennen gelernt hatte. Oder Heiliger Abend. Die Sorte Weihnachten, die den Schnee am meisten vermissen ließ. Tatsächlich hätte er jetzt lieber Frost und Schnee gehabt als diese laue Nässe.
Wie das Wetter heute war, so sollte es angeblich sieben Wochen lang bleiben. Nun, das war, wenn man es recht betrachtete, weniger eine Drohung als ein Versprechen – das Versprechen nämlich, dass es nur sieben Wochen so bleiben würde. Dieses Drippelwetter war doch von einer derart aufdringlich unscheinbaren Art, dass man befürchten musste, es würde einem für den Rest des Jahres und immer und ewig weiter so wie heute in den Kragen tropfen. Wirklich perfide, dachte Krüppel-Carlo. Und dass Henk ihn wieder hatte warten lassen, hatte seine Stimmung auch nicht gerade gesteigert. Aber damit wäre es bald schon vorbei. Henks letzte Nacht hatte begonnen. Genauer gesagt, Krüppel-Carlos letzte Nacht.

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